NvMs Leitfaden für Hörspiele

Nikolai von Michalewsky:
Anmerkungen eines Autors beim Durchblättern seiner Manuskripte
Sonderdruck aus Schulfunk Köln / Wege und Ziele

Der Autor der MARK BRANDIS-Bücher hatte in den 90ern einen Essay über das Schreiben von Hörfunkbeiträgen (der auch auf Hörspiele angewandt werden kann) verfasst, der auf der Website des Autors vonmichalewsky.de als PDF heruntergeladen werden kann.

Interessant ist er insbesondere für alle, die mehr über die Herausforderungen des Schreibens für das Radio wissen wollen, und natürlich für die, die neugierig sind, wie der Autor wohl selbst an das Thema „Mark Brandis – Hörspiele“ herangegangen wäre …

Ohrkanus 2011

Ohrkanus 2011 - Signet - Bestes Soundkonzept

Ohrkanus 2011 - Signet - Bestes Soundkonzept

Am Freitag, den 6. Mai hat die Jury (die aus Kritikern, Produzenten und Publikum zusammengesetzt ist) der Hörspielserie MARK BRANDIS zum zweiten Mal in Folge den »Ohrkanus« für das beste Soundkonzept verliehen.

Begleitet von einem Ausschnitt aus der Folge „Raumsonde Epsilon“ kam Brandis-Produzent Jochim C. Redeker auf die Bühne. Trotzdem fehlten dem Sound-Experten zunächst einmal die Worte. „Das ist schon ein besonderer Moment, und wenn man dann hier steht, ist das Gehirn erst einmal leer“, räumte Redeker ein. Schließlich dankte er dem Label „Folgenreich“, „ohne das wir zwar Hörspiele produzieren würden, diese aber wohl niemand hören würde“.

Unter die letzten Drei war die Serie auch in den Kategorien »Bester Sprecher: Michael Lott«, »Beste Serie« und »Beste Regie« gekommen, war aber gegen die Konkurrenz ohne Aussichten. Mehr zur Preisverleihung im Bericht des Hörspielblogs.

Danke an alle, die die Serie mit ihrer Stimme unterstützt haben!

„Raumsonde Epsilon“ auf RPR1 — und was nun?

Die RPR1-Hörspielnacht

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Die HERMES hat ihr Abenteuer rund um die „Raumsonde Epsilon“ hinter sich — aber es gibt noch weit mehr zu hören! Wie kam es überhaupt dazu, dass Brandis so weit draußen war? »Vorstoß zum Uranus« erzählt die Geschichte. Wie wurde Brandis zum Commander der VEGA? Der Bürgerkrieg hatte ihn ins kalte Wasser geworfen, und er musste sich bewähren..

Schauen Sie sich um … es gibt Hörproben zu allen bisher erschienenen Geschichten.

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Liegt Fukushima am Kilimandscharo?

In den 80er Jahren wirkte die Zukunft, die Nikolai von Michalewsky in seinen MARK BRANDIS – Romanen entwarf, in Teilen irgendwie anachronistisch. Das bezog sich durchaus nicht nur auf Erfindungen wie den „Letterator“, der wie eine altmodische Variante des Faxgerätes aussah, oder die relative Unbedeutsamkeit der Informationstechnologie für die Raumfahrt, in der Rechner für eine Kursänderung „neu programmiert“ werden mußten. Auch die politische Gesamtlage mit zwei großen Superblöcken, klar modelliert anhand der USA-UdSSR-Antagonie, wirkte weniger nach „morgen“ als nach „gestern“ schauend. Dass China statt Russland den Ton angab, war — je nach Blickwinkel des Lesers — entweder der „Farbklecks anders“ oder einfach die Umsetzung der Angst vor der gelben Gefahr, die in populärpolitischen Zeitschriften der 1960er Jahre bis zum SPIEGEL weit verbreitet war. Dass von Michalewsky sich nicht als SF-Autor bezeichnete und auch nicht besonders ehrgeizig schien, seine Zukunftsvisionen auf „Treffer“ hinzuentwickeln, schien diese Blickwinkel zu rechtfertigen.

Schaut man sich die wachsende Bedeutung Chinas als Gegenpol zum „Westen“ heute an, denkt man vielleicht anders darüber.

Operation Sonnenfracht (Link zum Buchinhalt)

Operation Sonnenfracht (Link zum Buchinhalt)

Als von Michalewsky 1975 „Operation Sonnenfracht“ verfasste, gab es noch keine Großunfälle in Harrisburg oder Tschernobyl, geschweige denn einen nennenswerte atombewegte Friedensinitiative in Europa. Die Frage des Atommülls und dessen Lagerungsorte, die Jahrzehnte später Schlagworte in aller Munde sind (Asse, Gorleben) beschäftigte die Öffentlichkeit damals kaum. Umso erstaunlicher war es, dass dieser Roman nicht nur mit diesem Thema an seine meist jugendliche Leserschaft trat, das erschreckend dystopisch wirkte, sondern auch, dass zum ersten Mal der Held der Geschichte, der von Bürgerkrieg über Terroristenanschläge und allmächtige Polizeicomputer eine Menge Gefahren bereits überstanden hatte, hier zu scheitern drohte …

Die Ursache-Wirkung-Kombination „Erdbeben –> Sicherheit von Kernenergietechnik“ verbindet den fiktionalen Abenteuerroman „Operation Sonnenfracht“ (der die hastige Räumung eines Atommüllagers im Kilimandscharo zum Inhalt hat) mit der Realität der Folgen des Seebebens auf die KKW-Anlagen von Fukushima. Beiden Situationen gemeinsam sind Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit versuchen, ein weitreichendes Unglück zu verhindern, und denen aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest teilweise einen hoher Preis abverlangt werden wird.
Kilimandscharo im Dez 2009 (C) Muhammad Mahdi Karim

Kilimandscharo im Dez 2009 (C) Muhammad Mahdi Karim, verwendet gem. GNU FDL 1.2 (hinter dem Bild verlinkt)


Gedanken bei der Umsetzung

Mir als Autor der Hörspieladaption ist es zugleich recht wie auch unangenehm, dass der geplante Veröffentlichungszeitpunkt des Hörspiels im Juli 2011 so nah an den Ereignissen liegt, dass man uns möglicherweise unlautere Absichten unterstellen wird — ungeachtet dessen, dass die Sprachaufnahmen bereits seit Januar abgeschlossen sind. Denn: eines der Anliegen des Autors der Bücher war es immer, den Menschen in aktivem und engagiertem Konflikt mit moralischen Fragen zu zeigen. Hier, in „Operation Sonnenfracht“, war es der Blick der Zukunft, der sich zurück auf die Vergangenheit richtet: „seht, was unsere Kindergenerationen vor sich haben werden“.

Nikolai von Michalewsky war kein Träumer, kein weltfremder Spinner, der sich Welten herbeischrieb, die mit der conditio humana nichts zu tun hatten. Für ihn war das Schlamassel, in das Mark Brandis und seine Crew geraten, nicht abstrakt, sondern schon Realität. Kein „was wäre, falls“, sondern ein „was ist, sowie“. Der Mensch, der sich der Konsequenzen seines Handelns bewußt wird und sie bedenkt, handelt anders.

In der Einsatzbesprechung mit seiner Crew habe ich in meiner Bearbeitung Mark Brandis ein paar zusätzliche Sätze sagen lassen, die so nicht im Buch stehen:

Das Essen meiner Kinder und Enkel schmeckt mir solange gut, wie ich nicht nachdenken muss. Und den Müll stelle ich gerne dorthin, wo ich ihn nicht sehe. Was in zwei Generationen damit passiert, ist nicht mehr meine Verantwortung. Und solange wir nicht daraus lernen, werden wir bluten müssen. Immer und immer wieder. Bis es vielleicht endlich einmal in unseren verdammten Genen sitzt.

Früher als erwartet stehen wir als Menschheit, nicht als isolierte Nationen, wieder einmal vor der Frage, ob uns ein Lernschritt gelingen wird — oder ob wir durch weiteres Leid gehen müssen, weil wir uns von individuellem Wohlstand und Eigennutzdenken nicht trennen wollen.

Das Buch hat seine Wirkung ja schon erzielt. Ich bin gespannt, ob und wie das Hörspiel vor diesem Hintergrund als diskussionswürdig betrachtet werden wird.