Die inneren Monologe

Mark Brandis Hörspiele haben keinen Erzähler. Das mag überraschen; sind doch der „epische Teil“ der Bücher, die Ansichten und Positionsbeschreibungen der Ich-Erzähler-Hauptfigur, eines der Stilmittel des Autors gewesen, das in Verbindung mit dem eher karg und präzise gehaltenen Stil seine Leser stets besonders an der Serie gereizt hatte. Anderswo habe ich bereits darüber berichtet, was uns vom Erzähler ferngehalten hatte; zum Teil haben wir den daraus entstehenden Mangel versucht, mit der „Gedankenkamera in Brandis‘ Kopf“ aufzufangen. Diese Innenschau taucht beispielhaft in drei verschiedenen Grundsituationen auf:

  1. Der Fluß der Gedanken: Mark Brandis beobachtet die Welt um ihn herum und vermischt das, was auf ihn einwirkt, mit dem, was er denkt. Beispiel (aus „Testakte Kolibri“): gerade hat er einen neuen, aber unfallanfälligen Einmannjäger zum ersten Mal getestet und ist begeistert. Während er auf dem Weg zum Mond ist, denkt er über das gerade Erlebte nach.
  2. Der Rückzug aus der Realität, der gleichzeitig verstreichende Zeit betont. Mark Brandis geht ganz aus der Gegenwart und gibt seinen Gedanken Raum. Hier (in „Raumsonde Epsilon“) philosophiert er über die etwas unbeholfene, aber auf ihre Art anziehende Ludmilla Wolska, die als einzige Frau auf der langen Raumfahrt vielleicht etwas mehr als Beschützerinstinkte bei Mark Brandis geweckt hat.
  3. Die Zeitlupe. Mark Brandis erlebt sekundenkurze Vorgänge zerdehnt, wie in „slow motion“. Hier (in „Unternehmen Delphin“) steht er vor einem Erschießungskommando und stellt sich den letzten Wahrheiten.

Es stimmt: zu einem gewissen Grad „bremsen“ diese Monologe die Handlung. Aber selbst wenn man außer Acht läßt, dass ein Hörspiel, das nicht ab und zu mal von spannungsgeladen zu ruhig wechselt, schnell durch das permanente „auf die 12“ effekthascherisch wirkt — die Monologe sind unser Mittel, dichter bei Mark Brandis zu sein, als bei jedem anderen Charakter, und für die Zeit eines Abenteuers so zu werden wie er.

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