NvMs Leitfaden für Hörspiele

Nikolai von Michalewsky:
Anmerkungen eines Autors beim Durchblättern seiner Manuskripte
Sonderdruck aus Schulfunk Köln / Wege und Ziele

Der Autor der MARK BRANDIS-Bücher hatte in den 90ern einen Essay über das Schreiben von Hörfunkbeiträgen (der auch auf Hörspiele angewandt werden kann) verfasst, der auf der Website des Autors vonmichalewsky.de als PDF heruntergeladen werden kann.

Interessant ist er insbesondere für alle, die mehr über die Herausforderungen des Schreibens für das Radio wissen wollen, und natürlich für die, die neugierig sind, wie der Autor wohl selbst an das Thema „Mark Brandis – Hörspiele“ herangegangen wäre …

Liegt Fukushima am Kilimandscharo?

In den 80er Jahren wirkte die Zukunft, die Nikolai von Michalewsky in seinen MARK BRANDIS – Romanen entwarf, in Teilen irgendwie anachronistisch. Das bezog sich durchaus nicht nur auf Erfindungen wie den „Letterator“, der wie eine altmodische Variante des Faxgerätes aussah, oder die relative Unbedeutsamkeit der Informationstechnologie für die Raumfahrt, in der Rechner für eine Kursänderung „neu programmiert“ werden mußten. Auch die politische Gesamtlage mit zwei großen Superblöcken, klar modelliert anhand der USA-UdSSR-Antagonie, wirkte weniger nach „morgen“ als nach „gestern“ schauend. Dass China statt Russland den Ton angab, war — je nach Blickwinkel des Lesers — entweder der „Farbklecks anders“ oder einfach die Umsetzung der Angst vor der gelben Gefahr, die in populärpolitischen Zeitschriften der 1960er Jahre bis zum SPIEGEL weit verbreitet war. Dass von Michalewsky sich nicht als SF-Autor bezeichnete und auch nicht besonders ehrgeizig schien, seine Zukunftsvisionen auf „Treffer“ hinzuentwickeln, schien diese Blickwinkel zu rechtfertigen.

Schaut man sich die wachsende Bedeutung Chinas als Gegenpol zum „Westen“ heute an, denkt man vielleicht anders darüber.

Operation Sonnenfracht (Link zum Buchinhalt)

Operation Sonnenfracht (Link zum Buchinhalt)

Als von Michalewsky 1975 „Operation Sonnenfracht“ verfasste, gab es noch keine Großunfälle in Harrisburg oder Tschernobyl, geschweige denn einen nennenswerte atombewegte Friedensinitiative in Europa. Die Frage des Atommülls und dessen Lagerungsorte, die Jahrzehnte später Schlagworte in aller Munde sind (Asse, Gorleben) beschäftigte die Öffentlichkeit damals kaum. Umso erstaunlicher war es, dass dieser Roman nicht nur mit diesem Thema an seine meist jugendliche Leserschaft trat, das erschreckend dystopisch wirkte, sondern auch, dass zum ersten Mal der Held der Geschichte, der von Bürgerkrieg über Terroristenanschläge und allmächtige Polizeicomputer eine Menge Gefahren bereits überstanden hatte, hier zu scheitern drohte …

Die Ursache-Wirkung-Kombination „Erdbeben –> Sicherheit von Kernenergietechnik“ verbindet den fiktionalen Abenteuerroman „Operation Sonnenfracht“ (der die hastige Räumung eines Atommüllagers im Kilimandscharo zum Inhalt hat) mit der Realität der Folgen des Seebebens auf die KKW-Anlagen von Fukushima. Beiden Situationen gemeinsam sind Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit versuchen, ein weitreichendes Unglück zu verhindern, und denen aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest teilweise einen hoher Preis abverlangt werden wird.
Kilimandscharo im Dez 2009 (C) Muhammad Mahdi Karim

Kilimandscharo im Dez 2009 (C) Muhammad Mahdi Karim, verwendet gem. GNU FDL 1.2 (hinter dem Bild verlinkt)


Gedanken bei der Umsetzung

Mir als Autor der Hörspieladaption ist es zugleich recht wie auch unangenehm, dass der geplante Veröffentlichungszeitpunkt des Hörspiels im Juli 2011 so nah an den Ereignissen liegt, dass man uns möglicherweise unlautere Absichten unterstellen wird — ungeachtet dessen, dass die Sprachaufnahmen bereits seit Januar abgeschlossen sind. Denn: eines der Anliegen des Autors der Bücher war es immer, den Menschen in aktivem und engagiertem Konflikt mit moralischen Fragen zu zeigen. Hier, in „Operation Sonnenfracht“, war es der Blick der Zukunft, der sich zurück auf die Vergangenheit richtet: „seht, was unsere Kindergenerationen vor sich haben werden“.

Nikolai von Michalewsky war kein Träumer, kein weltfremder Spinner, der sich Welten herbeischrieb, die mit der conditio humana nichts zu tun hatten. Für ihn war das Schlamassel, in das Mark Brandis und seine Crew geraten, nicht abstrakt, sondern schon Realität. Kein „was wäre, falls“, sondern ein „was ist, sowie“. Der Mensch, der sich der Konsequenzen seines Handelns bewußt wird und sie bedenkt, handelt anders.

In der Einsatzbesprechung mit seiner Crew habe ich in meiner Bearbeitung Mark Brandis ein paar zusätzliche Sätze sagen lassen, die so nicht im Buch stehen:

Das Essen meiner Kinder und Enkel schmeckt mir solange gut, wie ich nicht nachdenken muss. Und den Müll stelle ich gerne dorthin, wo ich ihn nicht sehe. Was in zwei Generationen damit passiert, ist nicht mehr meine Verantwortung. Und solange wir nicht daraus lernen, werden wir bluten müssen. Immer und immer wieder. Bis es vielleicht endlich einmal in unseren verdammten Genen sitzt.

Früher als erwartet stehen wir als Menschheit, nicht als isolierte Nationen, wieder einmal vor der Frage, ob uns ein Lernschritt gelingen wird — oder ob wir durch weiteres Leid gehen müssen, weil wir uns von individuellem Wohlstand und Eigennutzdenken nicht trennen wollen.

Das Buch hat seine Wirkung ja schon erzielt. Ich bin gespannt, ob und wie das Hörspiel vor diesem Hintergrund als diskussionswürdig betrachtet werden wird.

Die »Michalewsky-Vision«

Auszug eines Essays von Dr. Alexander Seibold, erschienen in „Die Vollstrecker“ (Wurdack-Neuauflage), „Das SF-Jahr 2006“ (Heyne Verlag) und der Zeitschrift „phantastisch!“ #28:

[…] Für alle, die ihn nicht kennen: Ich halte ihn für einen Nachfahren von Oscar Wilde. Manche meinen zwar, er sei ein Autor von Abenteuerromanen, Reise- und Räuberromanen gewesen. Aber das ist Quatsch. Er war kein Friedrich Gerstäcker, kein Jack London und auch kein Karl May, sondern ein Moralist – literarisch gesehen.
Auch wenn ich den Beweis hier schuldig bleiben muss, für mich hat sich Nikolai von Michalewsky mit seiner Mark Brandis-Reihe in eine Traditionslinie hineingeschrieben, die innerhalb der europäischen Moralistik zu bedeutenden Literaten geführt hat: In Frankreich zu Michel Eyquem de Montaigne, in England zu Oscar Wilde und in Deutschland zu Georg Christoph Lichtenberg.

Nikolai von Michalewskys literarischer Ort ist nicht im Feld der unterhaltenden Erzählung zu suchen, sondern genau dort, in der europäischen Moralistik. Und hier ist er das nicht unbedingt häufige Exemplar eines Romanschriftstellers. Als solcher ist er übrigens – das sollte unbedingt erwähnt werden – einer, der es meisterlich versteht, Spannung zu erzeugen und immer weiter zu steigern, schier bis an die Grenze des gerade noch Erträglichen.
Seine Themen sind stets von einer pazifistischen Grundhaltung bestimmt, handeln aber vielleicht gerade deshalb immer wieder von politischen Konflikten und von bewaffneten Auseinandersetzungen. Seine Erlebnisse im Krieg haben ihn ebenso geprägt, wie die Erfahrungen mit Militärpersonal und deren Umgang mit Macht, Moral und Gewalt. In einigen Mark Brandis-Bänden findet man Sätze etwa der folgenden Art:

Militärs sind immer nur das Produkt jener Welt, die sie besoldet. Von Anfang an dazu erzogen, nur in den Kategorien Macht und militärische Stärke zu denken, sind sie zwangsläufig amoralisch. Ihre einzige Moral ist die militärische Überlegenheit ihres Vaterlandes. (»Raumsonde Epsilon«, S. 152.)

In den Mark Brandis-Romanen, die mitten im Kalten Krieg entstanden, bekundete Nikolai von Michalewsky ganz offen, dass ihn ein Gleichgewicht der Kräfte ebenso wenig überzeugen konnte, wie eine Politik der Abschreckung oder gar der Präventivgewalt. Ihm ging es vielmehr um ein »Gleichgewicht der Brüderlichkeit«.
Im Rahmen seiner schriftstellerischen Arbeit propagierte Nikolai von Michalewsky immer und immer wieder Brüderlichkeit, Solidarität und Humanität. Ist das ein Zeichen einer speziellen Ethik? Existiert möglicherweise eine Art Rückbindung an Glaube und Religion?

Bei metaphysischen Themen, bei Fragen nach dem Aufscheinen von Transzendenz in der Menschenwelt, tut sich das bei weitem größere Feld der Literatur schwer. Bei Nikolai von Michalewsky dagegen klingt immer wieder etwas an, das größer ist als die Erfahrungswelt der dreidimensionalen Wesen, die den Planeten Nummer Drei der Sonne bevölkern.

Dieses Größere könnte vorsichtig als »festes Wertekonzept« bezeichnet werden. Dieses Wertekonzept ist denen, die sich trotz aller Probleme, Schwierigkeiten und Zweifel danach richten, eine Hilfe, eine Stütze, eine unbedingte Richtschnur. Interessant hierbei: Was Nikolai von Michalewsky wirklich interessierte, war nie der technische Fortschritt, sondern ein ganz anderer: der »Fortschritt der Moral, der Brüderlichkeit, der Liebe«, wie er in dem exemplarischen Roman »Raumsonde Epsilon« (S. 192) notierte.

Dieser Fortschritt ist an Mark Brandis selbst, dem Helden der Serie, übrigens gut zu beobachten. Seine Devise: Woran du glaubst, dafür sollst du leben und sterben. Brandis verlässt eines Tages den halbautonomen raumfahrttechnischen Mammutkonzern VEGA »Erde-Venus, Gesellschaft für Astronautik«, wo er einst als Pilot, später als Commander, unter den Sternen geflogen war, um sich in den Dienst der UGzRR, der Johanniterflotte unter den Sternen, zu stellen. UGzRR bedeutet: Unabhängige Gesellschaft zur Rettung Raumschiffbrüchiger; eine blockfreie, humanitäre Hilfsorganisation mit Piloten und Ärzten verschiedener Hautfarbe, verschiedener kultureller Herkunft und verschiedener Religion. Der Anklang an die DGzRS in Kiel, die sich der Seenotrettung verschrieben hat, ist unüberhörbar.

httpv://www.youtube.com/watch?v=6mNMNhEGVNE

Nikolai von Michalewsky, der Dokumentarsendungen über das Leben auf dem Meer, Bohrinseln und eben die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger produziert hat, fühlte sich den Männern und Frauen auf den Seenotkreuzern eng verbunden. Aus Wertschätzung für deren Dienst verdingte er sich sogar für freiwillige Einsätze auf den Rettungsbooten. Getreu seinem Grundsatz »Schreiben aus dem Erleben« mag nicht verwundern, dass der Autor seinen Protagonisten vom VEGA-Konzern zur UGzRR wechseln ließ.

[…] Die Protagonisten der WELTRAUMPARTISANEN gerieten zu lebendigen Verkörperungen der facettenreichen Strömungen, die unsere Zeit bestimmen, die die Menschen prägen und ihre Nöte sichtbar werden lassen. So mancher Kämpfer um Mark Brandis ist gestorben für das, woran er geglaubt hat.

Und der Autor der Reihe? Nikolai von Michalewsky dichtete einmal:

»es kommt der tag.
und keiner kann mich halten.
es steht im buch.
das fest sei aus.
und so, im banne von gewalten,
verlass ich dich, verlasse ich mein haus –
arm wie ich kam.
doch eines darf nicht fehlen
auf meinem weg zu Gottes thron:
gib mir die liebe mit ins reich der seelen
gib mir die liebe mit als meinen lohn!«

Fragen an die Hörspielmacher

(Die Fragen stellten die Betreiber von hoerspiel-freunde.de anläßlich der Vorbereitung eines „Mark Brandis – Specials“ im Frühjahr 2008 — inzwischen offline)


Wer steht hinter Mark Brandis? Wer seid ihr? Macht ihr das Ganze hauptberuflich? Was treibt ihr im normalen Leben sonst so?

JCR: Man könnte sagen, dass wir die perfekte Kombination sind. Balthasar und ich kennen uns von Kindesbeinen an und wissen jeder um die Macken des Anderen – ebenso aber auch um die Vorzüge! Er kommt vom Film und ist Produzent, Dramaturg und Drehbuchautor, ich komme vom Radio, bin Tonmeister, Musiker und Sprecher. Unsere gemeinsame Leidenschaft ist das Hörspiel. Aber weil das nicht gerade ein Goldesel ist, arbeiten wir hauptberuflich in unseren jeweiligen Jobs. Ich bin durch und durch Tonmann. Am Sender mache ich das Sounddesign und in meiner Freizeit arbeite ich an Musiken und entwickele eine nahezu krankhafte Begeisterung für elektronische Instrumente.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, selbst ein Hörspiel zu produzieren?

BvW: Die Grundidee ist lange her – das erste war 1985, noch mit Tonbandmaschine und Kassettenrecordern. Da waren wir 15 und 17. Wir wollten damals einfach eine tolle Abenteuergeschichte erzählen, idealerweise mit viel Schießereien und Raumschiffstarts. Einige Jahre lang haben wir jedes Jahr eines gemacht, einfach aus Spaß, das wurde aber studiums- und berufsbedingt seltener und seltener. 2005 entstand der Gedanke, es wenigstens ein Mal „groß“ zu versuchen, mit professionellen Sprechern, richtigem Sounddesign und mit einer Geschichte, die wir beide mochten. Mark Brandis erfüllte alle Bedingungen dafür. Ich hatte Kontakt zu dem Haus v. Michalewsky und wir bemühten uns um die Rechte. Mit einem achtminütigen Konzeptdemo bekamen wir sie.
JCR: Ja, das war `ne tolle Sache! Wir hatten ein paar kompromisslose Lautsprecher zu Reinhild v. Michalewsky geschleppt, nippten Tee und um unsere Ohren ballerte die Demo-Szene. Brandis und Stroganow waren zu dem Zeitpunkt bereits besetzt und hatten mit Freude das Demo gesprochen. Naja, das muss wohl ganz gut gewirkt haben…

Wie seid ihr mit Mark Brandis zum Verlag gekommen?

BvW: Mit dem Konzeptdemo hatten wir bei mehreren Hörspielverlagen angeklopft, aber keinen Erfolg gehabt. Die Bücher waren in den 70er und 80er Jahren im Herder-Verlag erschienen, aber waren nicht mehr im Druck. Das ist natürlich ein Verkaufshindernis, weil man nicht abschätzen kann, wie hoch das Interesse bei den Lesern heute noch ist. Jochim und ich hatten irgendwann beschlossen, ins volle Risiko zu gehen und aus eigener Tasche alles vorzustrecken, immerhin etwa 9000 Euro. Ende 2006 war die Produktion dann schon fast fertig, und wir hatten immer noch keinen Verlag. Eines wussten wir: der Herder-Verlag hatte die Verkaufszahlen noch im Archiv und konnte am ehesten abschätzen, ob es sich lohnen würde. Also schickten wir eine Zwischenfassung und unser Demo mit dem Konzept dorthin mit der Frage „glaubt Ihr nicht, dass das funktionieren würde?“
Zum Glück hatte der Verlag Herder damals eine Kooperation mit steinbach abgeschlossen und reichte das Konzept an diesen strategischen Partner weiter. Dort hörte der Cheflektor Guido Heidrich unsere „beinahe fertig“-CD und muss wohl ein sehr positives Gutachten geschrieben haben. So kam es zu Verhandlungen und schließlich zu einem sog. Bandübernahmevertrag. Den Mut, den dieser Verlag mit dem Sprung, mit MARK BRANDIS nicht nur erstmals eine Serie zu machen, sondern das auch noch im SF-Genre zu tun, gezeigt hat, honorieren wir an dieser Stelle ausdrücklich!

Wenn ihr jemandem, der noch nie etwas von Mark Brandis gehört hat, die Serie mit drei Sätzen beschreiben müsstet. Wie sähe eure Antwort aus?

JCR: Ein spannendes und abwechslungsreiches Weltraumabenteuer, dass in nicht allzu ferner Zukunft spielt und in unserem Sonnensystem angesiedelt ist. Eine Gesellschaft, die ständig vor große Herausforderungen, politische Konflikte und globale Veränderungen gestellt wird. Eine Crew mit echten Charakteren, die glaubwürdig handeln und die gerade durch ihre Menschlichkeit zu Helden werden, geführt von einem Kommandanten, der mit allen Stärken und Schwächen seinem Rang mehr als gerecht wird.

BvW und JCR im Okt. 2010

Wie seid ihr überhaupt auf den Stoff „Mark Brandis“ gestoßen?

BvW: Ich hatte die Serie 1980 in der Schulbibliothek entdeckt und die Bände, die sie dort im Regal hatten, x-fach gelesen. Dann habe ich angefangen, mir die Bücher zu wünschen (DM12,80 pro Band war damals ein richtiger Happen) und ein paar auch bekommen. Da muss wohl was hängengeblieben sein.
JCR: Erst kürzlich konnte ich rekonstruieren, dass ich mein erstes MB-Buch während meiner ersten Hörspielproduktion mit Balthasar Mitte der 80er gelesen habe. Netter Zufall.

War für euch von Anfang an klar, dass das genau euer Ding ist? Oder gab es andere Stoffe zwischen denen ihr auswählen musstet?

BvW: Nicht für mich.
JCR: Da wir ja nicht mit der Brechstange irgendein Hörspiel in den Markt bekommen wollten, stellte sich diese Frage nicht und so hat es sich letztendlich einfach ergeben. Wie so oft wurde auch hier aus einer verrückten Idee Realität.

Die Produktion wirkt sehr hochwertig. Verfügt ihr über ein eigenes Studio, in dem ihr arbeiten könnt? Greift ihr bei den Effekten auf fertige Soundlibraries zurück, oder ist das alles handgemacht?

JCR: Die frühe Beschäftigung mit Hörspielen hatte schließlich meinen heutigen Beruf zur Folge. So groß war damals die Begeisterung für die Spielerei mit Ton. Seitdem entwickelte sich mein Studio von zunächst zwei Kassettenrecordern und einem Disco-Mixer bis hin zum momentanen Stand mit viel digitaler und analoger Technik für Produktion und Mastering und einem umfangreichen Fundus an elektronischen Musikinstrumenten. Die Sounds sind ein Mix aus eigenen Aufnahmen, synthetisch erstellten Klängen und gekauften Libraries. Nach dem Motto: Erlaubt ist was gefällt.

Wie sieht es bei der Musik aus? Woher bezieht ihr hier eure Inspiration?

JCR: Eigentlich mache ich ständig Musik. Vieles landet unfertig „auf Halde“, anderes entwickelt sich zu eigenständigen Stücken. Dabei entstehen zahlreiche Melodien und Themen, von denen manche ins Mark-Brandis-Universum passen. Ab und zu inspirieren mich andere Musiken, häufiger aber Sounds und Themen, die das Script vorgibt. Mit Balthasar gehe ich dann die Entwürfe durch, da er ein sehr gutes Gespür für den richtigen Einsatz der Musiken hat.

Wie seid ihr auf die Sprecher gestoßen. Hattet ihr hierzu bereits bestimmte Besetzungen im Kopf?

JCR: Eine konkrete Wunschvorstellung gab es eigentlich nicht. Michael Lott (Mark Brandis) traf genau genommen auf uns. Über einen Freund erfuhr er von dem Projekt und wollte sofort mitmachen. Wir hatten so etwas gar nicht erwartet. Er ist höchst professionell, bringt viele Ideen mit und ist obendrein ein klasse Typ. Es macht sehr viel Spaß mit ihm zu arbeiten. Diese Form der Begeisterung fanden wir eigentlich bei allen Sprechern, und inzwischen haben wir begriffen, dass Schauspieler anscheinend richtig gerne Hörspiel machen.

Seid ihr sonst auch begeisterte Hörspiel- oder Hörbuchhörer?

BvW: Sehr. Ich höre sowohl Hörspiele als auch Lesungen gerne, bin aber kein Sammler. Auch kann ich nicht behaupten, bei allen wesentlichen Produktionen up-to-date zu sein. In Sachen Kombination von spannender Erzählform und -produktion bewundere ich die englischen BBC-Hörspiele sehr, insbesondere Dirk Maggs‘ Arbeiten. Großartig.
JCR: Ich höre eigentlich alles, was mir vor die Füße fällt, wobei das Hörspiel gegenüber dem Hörbuch für mich den größeren Reiz besitzt. Bin eben ein Freund des Szenischen. Dabei mag ich Alt und Neu gleichermaßen. Eine tolle Sache sind Surround-Produktionen. Meiner Meinung nach ist das Hörspiel dafür weit besser geeignet als der Film, weil alle Lautsprecher gleichwertig sind und es kein Vorne und Hinten gibt.

Welches sind eurer Ansicht nach die wesentlichen Kriterien, die ein gutes Hörspiel auszeichnen?

BvW: Eine gut geschriebene Geschichte, die mit den Vorteilen des Mediums brilliert und die Nachteile nicht spüren lässt. Gut versteckte Exposition. Ausgebildete Sprecher in allen wichtigen Rollen. Ein zur Geschichte passendes Sounddesign, das organisch wirkt.
JCR: Für mich ist es ein Werk, das mich vergessen lässt, dass ich eine Produzentensau bin, die ständig alles analysiert was sie hört. Richtig eintauchen können ist mir somit am wichtigsten.

Dürfen wir von euch evtl. sogar noch andere Hörspielserien erwarten?

BvW: Das wird die Zeit zeigen. Vorläufig nicht.