Fragen an die Hörspielmacher

(Die Fragen stellten die Betreiber von hoerspiel-freunde.de anläßlich der Vorbereitung eines „Mark Brandis – Specials“ im Frühjahr 2008 — inzwischen offline)


Wer steht hinter Mark Brandis? Wer seid ihr? Macht ihr das Ganze hauptberuflich? Was treibt ihr im normalen Leben sonst so?

JCR: Man könnte sagen, dass wir die perfekte Kombination sind. Balthasar und ich kennen uns von Kindesbeinen an und wissen jeder um die Macken des Anderen – ebenso aber auch um die Vorzüge! Er kommt vom Film und ist Produzent, Dramaturg und Drehbuchautor, ich komme vom Radio, bin Tonmeister, Musiker und Sprecher. Unsere gemeinsame Leidenschaft ist das Hörspiel. Aber weil das nicht gerade ein Goldesel ist, arbeiten wir hauptberuflich in unseren jeweiligen Jobs. Ich bin durch und durch Tonmann. Am Sender mache ich das Sounddesign und in meiner Freizeit arbeite ich an Musiken und entwickele eine nahezu krankhafte Begeisterung für elektronische Instrumente.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, selbst ein Hörspiel zu produzieren?

BvW: Die Grundidee ist lange her – das erste war 1985, noch mit Tonbandmaschine und Kassettenrecordern. Da waren wir 15 und 17. Wir wollten damals einfach eine tolle Abenteuergeschichte erzählen, idealerweise mit viel Schießereien und Raumschiffstarts. Einige Jahre lang haben wir jedes Jahr eines gemacht, einfach aus Spaß, das wurde aber studiums- und berufsbedingt seltener und seltener. 2005 entstand der Gedanke, es wenigstens ein Mal „groß“ zu versuchen, mit professionellen Sprechern, richtigem Sounddesign und mit einer Geschichte, die wir beide mochten. Mark Brandis erfüllte alle Bedingungen dafür. Ich hatte Kontakt zu dem Haus v. Michalewsky und wir bemühten uns um die Rechte. Mit einem achtminütigen Konzeptdemo bekamen wir sie.
JCR: Ja, das war `ne tolle Sache! Wir hatten ein paar kompromisslose Lautsprecher zu Reinhild v. Michalewsky geschleppt, nippten Tee und um unsere Ohren ballerte die Demo-Szene. Brandis und Stroganow waren zu dem Zeitpunkt bereits besetzt und hatten mit Freude das Demo gesprochen. Naja, das muss wohl ganz gut gewirkt haben…

Wie seid ihr mit Mark Brandis zum Verlag gekommen?

BvW: Mit dem Konzeptdemo hatten wir bei mehreren Hörspielverlagen angeklopft, aber keinen Erfolg gehabt. Die Bücher waren in den 70er und 80er Jahren im Herder-Verlag erschienen, aber waren nicht mehr im Druck. Das ist natürlich ein Verkaufshindernis, weil man nicht abschätzen kann, wie hoch das Interesse bei den Lesern heute noch ist. Jochim und ich hatten irgendwann beschlossen, ins volle Risiko zu gehen und aus eigener Tasche alles vorzustrecken, immerhin etwa 9000 Euro. Ende 2006 war die Produktion dann schon fast fertig, und wir hatten immer noch keinen Verlag. Eines wussten wir: der Herder-Verlag hatte die Verkaufszahlen noch im Archiv und konnte am ehesten abschätzen, ob es sich lohnen würde. Also schickten wir eine Zwischenfassung und unser Demo mit dem Konzept dorthin mit der Frage „glaubt Ihr nicht, dass das funktionieren würde?“
Zum Glück hatte der Verlag Herder damals eine Kooperation mit steinbach abgeschlossen und reichte das Konzept an diesen strategischen Partner weiter. Dort hörte der Cheflektor Guido Heidrich unsere „beinahe fertig“-CD und muss wohl ein sehr positives Gutachten geschrieben haben. So kam es zu Verhandlungen und schließlich zu einem sog. Bandübernahmevertrag. Den Mut, den dieser Verlag mit dem Sprung, mit MARK BRANDIS nicht nur erstmals eine Serie zu machen, sondern das auch noch im SF-Genre zu tun, gezeigt hat, honorieren wir an dieser Stelle ausdrücklich!

Wenn ihr jemandem, der noch nie etwas von Mark Brandis gehört hat, die Serie mit drei Sätzen beschreiben müsstet. Wie sähe eure Antwort aus?

JCR: Ein spannendes und abwechslungsreiches Weltraumabenteuer, dass in nicht allzu ferner Zukunft spielt und in unserem Sonnensystem angesiedelt ist. Eine Gesellschaft, die ständig vor große Herausforderungen, politische Konflikte und globale Veränderungen gestellt wird. Eine Crew mit echten Charakteren, die glaubwürdig handeln und die gerade durch ihre Menschlichkeit zu Helden werden, geführt von einem Kommandanten, der mit allen Stärken und Schwächen seinem Rang mehr als gerecht wird.

BvW und JCR im Okt. 2010

Wie seid ihr überhaupt auf den Stoff „Mark Brandis“ gestoßen?

BvW: Ich hatte die Serie 1980 in der Schulbibliothek entdeckt und die Bände, die sie dort im Regal hatten, x-fach gelesen. Dann habe ich angefangen, mir die Bücher zu wünschen (DM12,80 pro Band war damals ein richtiger Happen) und ein paar auch bekommen. Da muss wohl was hängengeblieben sein.
JCR: Erst kürzlich konnte ich rekonstruieren, dass ich mein erstes MB-Buch während meiner ersten Hörspielproduktion mit Balthasar Mitte der 80er gelesen habe. Netter Zufall.

War für euch von Anfang an klar, dass das genau euer Ding ist? Oder gab es andere Stoffe zwischen denen ihr auswählen musstet?

BvW: Nicht für mich.
JCR: Da wir ja nicht mit der Brechstange irgendein Hörspiel in den Markt bekommen wollten, stellte sich diese Frage nicht und so hat es sich letztendlich einfach ergeben. Wie so oft wurde auch hier aus einer verrückten Idee Realität.

Die Produktion wirkt sehr hochwertig. Verfügt ihr über ein eigenes Studio, in dem ihr arbeiten könnt? Greift ihr bei den Effekten auf fertige Soundlibraries zurück, oder ist das alles handgemacht?

JCR: Die frühe Beschäftigung mit Hörspielen hatte schließlich meinen heutigen Beruf zur Folge. So groß war damals die Begeisterung für die Spielerei mit Ton. Seitdem entwickelte sich mein Studio von zunächst zwei Kassettenrecordern und einem Disco-Mixer bis hin zum momentanen Stand mit viel digitaler und analoger Technik für Produktion und Mastering und einem umfangreichen Fundus an elektronischen Musikinstrumenten. Die Sounds sind ein Mix aus eigenen Aufnahmen, synthetisch erstellten Klängen und gekauften Libraries. Nach dem Motto: Erlaubt ist was gefällt.

Wie sieht es bei der Musik aus? Woher bezieht ihr hier eure Inspiration?

JCR: Eigentlich mache ich ständig Musik. Vieles landet unfertig „auf Halde“, anderes entwickelt sich zu eigenständigen Stücken. Dabei entstehen zahlreiche Melodien und Themen, von denen manche ins Mark-Brandis-Universum passen. Ab und zu inspirieren mich andere Musiken, häufiger aber Sounds und Themen, die das Script vorgibt. Mit Balthasar gehe ich dann die Entwürfe durch, da er ein sehr gutes Gespür für den richtigen Einsatz der Musiken hat.

Wie seid ihr auf die Sprecher gestoßen. Hattet ihr hierzu bereits bestimmte Besetzungen im Kopf?

JCR: Eine konkrete Wunschvorstellung gab es eigentlich nicht. Michael Lott (Mark Brandis) traf genau genommen auf uns. Über einen Freund erfuhr er von dem Projekt und wollte sofort mitmachen. Wir hatten so etwas gar nicht erwartet. Er ist höchst professionell, bringt viele Ideen mit und ist obendrein ein klasse Typ. Es macht sehr viel Spaß mit ihm zu arbeiten. Diese Form der Begeisterung fanden wir eigentlich bei allen Sprechern, und inzwischen haben wir begriffen, dass Schauspieler anscheinend richtig gerne Hörspiel machen.

Seid ihr sonst auch begeisterte Hörspiel- oder Hörbuchhörer?

BvW: Sehr. Ich höre sowohl Hörspiele als auch Lesungen gerne, bin aber kein Sammler. Auch kann ich nicht behaupten, bei allen wesentlichen Produktionen up-to-date zu sein. In Sachen Kombination von spannender Erzählform und -produktion bewundere ich die englischen BBC-Hörspiele sehr, insbesondere Dirk Maggs‘ Arbeiten. Großartig.
JCR: Ich höre eigentlich alles, was mir vor die Füße fällt, wobei das Hörspiel gegenüber dem Hörbuch für mich den größeren Reiz besitzt. Bin eben ein Freund des Szenischen. Dabei mag ich Alt und Neu gleichermaßen. Eine tolle Sache sind Surround-Produktionen. Meiner Meinung nach ist das Hörspiel dafür weit besser geeignet als der Film, weil alle Lautsprecher gleichwertig sind und es kein Vorne und Hinten gibt.

Welches sind eurer Ansicht nach die wesentlichen Kriterien, die ein gutes Hörspiel auszeichnen?

BvW: Eine gut geschriebene Geschichte, die mit den Vorteilen des Mediums brilliert und die Nachteile nicht spüren lässt. Gut versteckte Exposition. Ausgebildete Sprecher in allen wichtigen Rollen. Ein zur Geschichte passendes Sounddesign, das organisch wirkt.
JCR: Für mich ist es ein Werk, das mich vergessen lässt, dass ich eine Produzentensau bin, die ständig alles analysiert was sie hört. Richtig eintauchen können ist mir somit am wichtigsten.

Dürfen wir von euch evtl. sogar noch andere Hörspielserien erwarten?

BvW: Das wird die Zeit zeigen. Vorläufig nicht.

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