OT: Podcast zu Theodore Sturgeon

Aus aktuellem Anlass noch einmal gepostet:

Ich freue mich, nach dem Interview mit mir ein zweites Mal dabei gewesen zu sein: mit den Jungs vom Podcast Sigma2Foxtrot sprach ich 2016 über einen meiner Lieblingsschriftsteller — Theodore Sturgeon

Hier anhören

Wer ist das — oder besser: wer war das?

Das beschreibt einer, der das besser kann als ich:

Nur falls jemand eine Erinnerung braucht, wer Harlan Ellison war …

Sturgeon war einer der „unbekannten Großen“, jedenfalls in Deutschland. In den USA noch am ehesten für sein Buch „Die Ersten Ihrer Art“ und für seine zwei Star Trek (TOS)-Episoden („Amok Time“ und „Shore Leave“, beide mit starker Spock-Zentrierung) bekannt, sind es eigentlich seine Novellas und Kurzgeschichten, die ihn auf dem Höhepunkt seiner Kunst zeigen.

Theodore Sturgeon war der Empath unter den SF-Autoren. Wie kein zweiter schaffte er es durch seine Erzählkunst und ganz besonders durch seine Sprache, seine Leser an der Kehle zu packen.

No one who ever read „The Dreaming Jewels“ or „More Than Human“ or „Without Sorcery“ got away clean, because he could squeeze your heart till your life ached …

Harlan Ellison, zitiert aus obigem Nachruf

Ich ringe damit, ein Beispiel zu nennen, weil fast alle Übersetzungen ins Deutsche an genau diesem Punkt scheitern. Und das ist verdammt schade, weil es an der deutschen Sprache an sich nicht liegt. Die kann das alles. Aber es bedarf der Übersetzungskunst einer Svetlana Geier, um das zu schaffen.

Warum schreibe ich dann hier davon?

Was ich 2016 noch nicht wusste, ist, dass ich in der Zwischenzeit seitdem eine von Sturgeons Geschichten — und zwar eine von denen, die ich im Podcast erwähne — zum Hörspiel umschreiben würde. Damals hatte ich bereits für David Holy drei Hörspielskripte für seine Klassiker-Reihe abgegeben, aber später sollten weitere Skripte für dessen SF-Reihe dazukommen. Mein Skript, „Was du brauchst“ (auf der VÖ-Liste unter #703), ist meine Adaption von „Need“; von ihr spreche ich im Podcast etwas ausführlicher.

George Noat betreibt den Second-Hand-Laden „Anything Shoppe“ in North Nyack, New York. Er ist spezialisiert darauf, alles zu reparieren und nach Möglichkeit alles für einen Kunden zu besorgen. Die Geschichte beginnt, als Noats Bekannter Gorwing spätabends in Noats Laden eintrifft und verlangt, dass Noat ihn mit seinem Auto in die Stadt fährt, um jemandem in der Stadt gegen Geld eine Mitfahrgelegenheit anzubieten. Es regnet in Strömen, der Mann hat es eilig, und Gorwing verlangt hundert Dollar, um den Passagier, Jody Smith, nach Hause zu fahren. Man sollte annehmen, dass Noat und Gorwing professionelle Grifter sind, doch das ist weit von der Wahrheit entfernt. Später erfahren wir, dass Smith und seine Frau sich getrennt haben; sie hat ihre Ehe, die sie als lieblos betrachtet, verlassen. Smith sucht Noat auf und fragt nach Gorwing, und er begegnet Gorwing in den folgenden Tagen immer wieder, bis Gorwing ihn dazu bringt, zu helfen, einen kleinen Jungen zu retten, der droht, in einen Abgrund zu stürzen. Schritt für Schritt erfahren wir, dass Gorwing eine angeborene einzigartige psychische Fähigkeit besitzt, die es ihm ermöglicht, auf Distanz körperlich schmerzhaft zu spüren, was andere Menschen gerade dringend brauchen. Um selbst die Schmerzen loszuwerden, hilft er anderen, aus eigentlich egoistischen Gründen. Sturgeon gelingt es hervorragend, den Leser eine Zeit lang über seine wahren Absichten mit dieser Geschichte zu täuschen. Sie beginnt als eine leicht erzählte Rätselkomödie, die langsam an Tiefe gewinnt und ein intensives Gefühl der Empathie für seine Charaktere und ihre Situationen zeigt. Diese Wirkung ist ein Markenzeichen von Sturgeons Werk.

übersetzt aus dem SF Commentary #106

Dass Hörspiel soll nun im Oktober 2025 veröffentlicht werden.

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.